Ein Erfahrungsbericht von Lars

## Freitag

Freitag, der 6. Oktober 2023, eine von Umleitungen (und von Umleitungen auf Umleitungen) geplagte Anfahrt vom Querlenker Außenposten hat nach viereinhalb Stunden endlich ein Ende gefunden, als ich in Eifa gemächlich auf Parkplatz 2 Rolle.
Die Uhr im Display zeigt 22:30 an als ich den Schlüssel abziehe und in der Dunkelheit beginne mein Zelt aufzubauen.
Leicht fröstelnd sitze ich im Camping Stuhl, während die Dose voll kalter Nudeln nach und nach leerer wird und meine Gedanken zurück zum letztjährigen E1-Tourstopp in Eifa wandern.
Eifa und ätzend-anstrengende Wiesenabschnitte sind in meinem Kopf so eng verknüpft wie die Glieder einer Singlespeed-Kette.
Zu gut sind die Erinnerungen an das Ende der letztjährigen Stage 1, die nach einer steilen Highspeed-Passage auf die im Tal liegende Wiese mündet, gefolgt von circa einem Kilometer weicher Gras-Matsche mit vielleicht zehn Gesamt-Höhenmeter.
Dort wurde nicht nur viel Zeit entschieden, sondern auch eines der witzigsten Kurzvideos des Bike-Sports geboren, das sich auch nicht vor der klassischen Northshore-durch-die-Hecke-Aufnahme verstecken braucht: 

[die Crash-Compilation von OCR-Bilder](https://www.instagram.com/reel/CkV_rHXpqcc/?utm_source=ig_web_copy_link&igshid=MzRlODBiNWFlZA==)

Analog muss man darauf hinweisen, dass im letzten Jahr hier 4 von 6 Stages auf wenig anspruchsvollen, dafür aber umso rutschigeren Wiesenpassagen endeten.

Langsam wird der Wind penetranter und die Finger entsprechend kälter, die Entscheidung das Auto abzuschließen und das Zelt zum Schlafen zu beziehen, ist gefallen.

Mit zwei Lagen Thermokleidung plus Hoodie und Jacke schließe ich den Schlafsack. Mir fällt auf: der Herbst ist da und das Zelten war bei den letzten Enduro Rennen noch deutlich angenehmer.

## Samstag

Geweckt von anreisenden Rennfahrern und den Rufen der Einweiser sitze ich um 8:30 Uhr wieder vor dem Zelt und esse gemütlich die restlichen Nudeln und löffele mein morgendliches Glas Apfelmus – welches man mittlerweile schon fast als meine Tradition bei Rennen bezeichnen könnte.
Bevor ich meine Radklamotten und Protektoren anziehe, wird das Rad vorbereitet.

CO2-Kartusche, Multitool und die Flasche mit obligatorischer Iso-Plörre sind am Rahmen befestigt sowie die Reifen inklusive Innenreifen aufgepumpt, als ich mich auf den Weg zur Event-Area mache.

Von hier aus begeben sich nun Sandro, den ich beim diesjährigen King-of-the-Trail getroffen habe und ich schnurstracks auf den Uphill zu den drei Trainingsstages vier, fünf und sieben.

 

Als der Weg Stage vier quert, ist mir bereits klar, dass wie erwartet Stage vier exakt gleichgeblieben ist, daher schlage ich vor uns einer Gruppe von Fahrern Richtung Stage fünf anzuschließen als sich der Weg teilt.
Zu vermuten, dass fast alle Stages größtenteils aus dem Vorjahr übernommen wurden, liegt nicht fern.
Auch wenn es mich freuen würde mehr frische Wege zu befahren, festigt sich diese Annahme im Laufe des Trainings recht schnell.
Vereinzelt kann man, durch die häufig parallel zu den Forstwegen verlaufenden Trails, bereits erste Erkenntnisse über die – danach nicht mehr ganz so blinden – Blind-Stages sammeln.
Angekommen am Gipfel der Sackpfeife offenbart sich überraschenderweise eine vollkommen neue Stage.
Das hätte man sich als Data Scientist eigentlich erschließen können, weil sich die Anzahl der Stages dieses Jahr um eins erhöht hat.
Scheinbar ist so viel Kompetenz nun, nach gerade einmal 250 Höhenmetern, nicht mehr vorhanden (sollte ich mir Sorgen machen?).
Die anfängliche Freude wird allerdings beim Einstieg in die neu gebaute Stage fünf zunächst gedämpft da eben jene mit einem flachen Tretstück beginnt.
Darauf folgt ein Abschnitt mit typischem Eifa-Charakter: zwei bis fünf Meter neben dem befestigten Weg schlängelt sich der roh und natürlich wirkende Trail um Baumstümpfe.
Je ausgefahrener die anfangs noch frischen Ruts werden, desto mehr werden die vereinzelten Sniper-Wurzeln zu einem großflächig glitschigen Vergnügen (nein Daniel, nicht das was du denkts).
Diese Merkmale ziehen sich durch ausnahmslos alle Trails rund um die Sackpfeife und sind gleichzeitig auch das, was die ansonsten weniger steilen Stages wirklich technisch anspruchsvoll macht.
Abgerundet wird die jungfräuliche Stage durch ein flacheres enges Waldstück, bei dem es gilt, bestmöglich den Bäumen auszuweichen.
Beim Verlassen der Stage stelle ich fest, dass die circa einen Meter hohen natürlichen Erdhaufen gegen Ende mit Renn-Pace ein echtes Problem darstellen könnten und beschließe hier morgen keine Nahtoderfahrungen zu sammeln.
Nun heißt es erst mal entspannt zurück zum Gipfel zu pedalieren. Oben angekommen beschließen wir aufgrund der schon fortgeschrittenen Zeit die neue Stage kein weiteres Mal zu fahren und machen uns auf den Weg Richtung S4.
Stage vier bestätigt die vorangegangene Vermutung final, da diese exakt gleich abgesteckt war wie das Jahr zuvor.
Zu meiner Überraschung allerdings wurde diese dem letzten Forstautobahn-Sprint und folgenden Wiesen Downhill beraubt.
Jetzt, auf dem Weg von S4 zu S7, also der letzten Stage, die auch als Prolog-Strecke dient, muss ich mich erst mal erkundigen wie man da nochmal hin kommt. Denn auf der Traverse von S5 zu S4 muss ich, wie sich später herausstellt wohl ein Schild übersehen haben.

 

Am Start heißt es erst mal die schöne Off-Camber-Sektion sauber zu durchqueren. Beim Versuch zwischen den Bäumen der ersten 30 Metern ein paar Straight-Lines auszuprobieren, touchieren Lenker und Schultern mindestens fünf Bäume.
Ich merke, dass die Linien zwar im Training gut funktionieren, jedoch später im Rennlauf mit entsprechend ausgefahrener Strecke und neu auftauchenden Wurzeln der marginale Zeitgewinn das Risiko nicht rechtfertigt.
Der Boden bietet derzeit noch guten Grip. Ich vermute jedoch, dass sich dies mit dem für morgen gemeldeten, leichten Regen und den 600 Startern im Prolog-Rennen nochmals ändern dürfte.
Dass Kondition dieses Wochenende keine meiner Stärken darstellt, fällt mir auf als ich aus dem wenig anspruchsvollen, aber langen Wiesenabschnitt in das finale Wäldchen vor der Event-Area einbiege. Der weiche Boden zieht, wie erwartet, viele Körner.
Da die Prolog-Strecke nicht nur die Startreihenfolge am Renntag festlegt, sondern auch als Stage 7 nochmal im Rennen befahren wird (und somit zwei Mal in die Gesamtwertung einfließt), beschließe ich diese gleich nochmal zu fahren.
Obwohl ich die neue Stage fünf deutlich dringender nötig hätte, geht es also wieder nach oben über den unangenehm steilen Prolog Uphill.

 
Lars-Bericht7
Lars-Bericht6
Lars-Bericht5
Lars-Bericht19
Lars-Bericht2
Lars-Bericht17

Das Training ist beendet und ich mache mich fertig, um in der ersten Startgruppe mit den Pro-Fahrern das Prolog-Rennen in Angriff zu nehmen.

Nach dem schönen Downhill von der Event-Area geht es sofort wieder in den anstrengenden Uphill zum Start. Um Kräfte zu schonen schiebe ich.
Am Start bietet sich die für die Enduro One schon traditionelle Prolog-Schlange, in die ich mich einreihe um knapp fünfzehn Minuten später Vollgas zu geben.
Den Bäumen und Stümpfen am Anfang weiche ich adäquat aus und nehme mit guter Geschwindigkeit die ersten rutschigen Wurzelfelder in Angriff.
Bin ich bisher noch sauber durchgekommen, ändert sich das nicht allzu viel später als ich voll in die Eisen gehen muss um die Kurve in der Kompression zu bekommen. 
Das Bremsen war bitter nötig, nachdem ich mit Mach 10 über das bei den Zuschauern beliebte große Wurzelfeld fliege, denn in der Senke war ich scheinbar trotzdem noch zu schnell für den mittlerweile sehr weichen Boden, sodass mein Hinterrad sich merklich nach außen bewegt.
Gekonnt fange ich diesen Fehler durch das Schieben über das Vorderrad ab und rette so den ersten der zwei Fehler.
Auch den Zuschauern ist dies nicht entgangen, lautstark werde ich von links mit einem „Yeahhhh!“ angeschrien.
Weiter geht’s. Der anspruchsvollste Teil liegt jetzt hinter mir, also fange ich an zu pushen, ziehe saubere Inside-Lines durch die noch loamigen Kurven.
Als ich jedoch in die Senke abtauche, um den Weg zu queren, verankert sich mein Vorderrad unerwartet stark in einer der Fahrrinnen. Dieser Fehler wird mir unverzüglich durch einen festen Schlag vom Brustkorb auf den Vorbau quittiert.
Zunächst verlagere ich mein Gewicht über das Hinterrad um nicht über den Lenker zu fliegen und pushe mich noch aus der Senke in das flachere Loam-Stück.
Obwohl hier eigentlich Beschleunigen angesagt wäre, brauche ich ein paar hundert Meter um wieder Luft in meine Lunge zu bekommen.
Nach dem Durchrollen der ersten Wiesenpassage, versuche ich durch einen Speedtuck noch etwas Geschwindigkeit und Kraft für den folgenden Wiesensprint zu sammeln.
Vollkommen verausgabt durchquere ich die Ziellinie und mache mich langsam auf den Weg zum Auto und zur erholenden Dusche. 

Angenehmerweise ist der Abend ein paar Grad wärmer als der vorherige, der Wetterbericht verspricht für morgen einen kühlen Start mit später auflockerndem Sonnenschein.

## Sonntag

Erholt bereite ich mein Equipment auf das Rennen vor und mache mich auf den Weg zum Eventgelände.
Von der Toilette wiederkehrend sehe ich, dass ich Startblock 4, bei dem ich eigentlich sein sollte, um wenige Sekunden verpasst habe (Notiz: nächstes Mal mit langer Schlange vor den Toiletten rechnen)
Naja, macht nichts, denke ich mir und schließe mich dem nächsten Startblock an mit dem Plan mich auf dem Weg zu Stage eins an der Front zu platzieren.
Nach ein paar Minuten in der Warteschlange geht es auch für mich in das erste gewertete Segment des Tages.
Sehr fokussiert sprinte ich durch die ersten flachen Meter und drifte teilweise durch die Kurven, in denen ich trotz ein paar suboptimaler Linien viel Sicherheit finde.
Ein kurzer Abschnitt auf einem Forstweg gibt mir kurz Zeit mich zu sammeln, bevor ich in das Steilstück abbiege.
Da ich noch aus dem Vorjahr in Erinnerung hatte, dass diese wenig unvorhersehbare Kurven beinhaltet, lasse ich möglichst laufen und schieße geradlinig über die Wurzeln und Baumstümpfe.
Apropos Baumstümpfe, nachdem ich vor einem kleinem Baumstumpf abziehe, bekomme ich durch ein lautes *klonk* Rückmeldung von meinem Vorderrad, dass dies nicht ganz gereicht hat.
Ohne Rücksicht auf Verluste fahre ich in die bereits aus dem Vorjahr bekannte Wiese ein und stelle den Sattel in „Cross-Country Modus“, um meine Beine zu schonen.
Da der weiche Boden sehr viele Körner zieht und vereinzelte Stellen mehr Bewegung erfordern, arbeite ich sehr viel mit der Vario-Sattelstütze.
Zu meiner Freude hat sich der Veranstalter erbarmt und das Ziel um einen halben Kilometer ätzender Wiese früher platziert.
Hier reicht es mit 1:59,07 für Platz 20.

Bei Stage 2 verhält es sich ähnlich. Diese ist auch fast identisch zum Vorjahr, mit der Ausnahme eines neuen kräftezehrenden Abschnittes direkt nach dem Start.
Gerade als ich aus dem Startbereich sprinte fällt mir auf, dass ich ganz vergessen habe die GoPro einzuschalten.
Ein kurzer Griff an die Kamera genügt, um einen Moment später die Bestätigung ertönen zu lassen und ich kann meinen Fokus wieder voll auf die Abfahrt lenken.
Bevor die Steigung zunimmt, gilt es möglichst energiesparend über ein paar Erdhaufen und Wellen zu fahren. Dies gelingt mir recht gut dank einer Linie, die ich mir bereits beim Uphill ausgesucht habe.
Der Schlüssel war es nach dem Weg nach links zu ziehen, um dann entspannt rechts über den Hügel zu pumpen.

 

Weiter geht es wie gewohnt mit abwechselnd links und rechts Kurven den Berg hinab. Dass ich die gute Inside-Line von letztem Jahr verpasst habe, bemerke ich, als ich nur wenige Meter später nochmal Schwung herausnehmen muss um die Auffahrt noch zu bekommen.
Also heißt es wieder die Beine zu bemühen um Kraft auf die Kette zu bekommen und den Schwung wieder aufzubauen (typische Bestrafung für kleine Fahrfehler im Enduro-Sport).
Es folgen noch ein paar hundert Meter Baumslalom mit teilweise schlecht gesetzten Bremspunkten meinerseits.
Bis zum Ende des Segments ist mir nämlich noch nicht aufgefallen, dass die gesamte Stage extrem trocken war und der Staub deutlich weniger Grip geboten hat als gedacht.
Nach einer kurzen Verschnaufpause im Ziel begebe ich mich langsam zur nächsten Stage mit einem kurzen Abstecher zur Versorgungsstation um die geleerte Trinkflasche aufzufüllen.
Am Start der dritten Stage kann ich ohne Wartezeit direkt in das Vergnügen starten und rolle mit moderater Geschwindigkeit durch die ersten paar Kurven.
Ich erinnere mich, dass es hier auch letztes Jahr wichtig war die Geschwindigkeit genau richtig zu dosieren, um die Kurven gut zu bekommen.
Gesagt, getan, zumindest so lange bis ich wenige Kurven später wegen zu hoher Geschwindigkeit eine Kurve nicht mehr ganz bekomme und ich mitten durch das Gemüse fahre.
Das großzügig gesteckte Tape ließ diese Linie praktischerweise zu und das Manöver entpuppte sich dadurch eher als geheime Inside-Line (falls jemand das gesehen haben sollte: war alles genau so geplant).
Mit meinem wiedergefundenen Gleichgewicht zirkele ich noch sicher durch die letzten paar, von Wurzeln gesäumten Kurven, und rolle auf eine klassische Off-Camber-Wiesenkurve zu.
Scheinbar hat sich der lokale Verein auch hier dazu durchringen können den letzten Wiesenabschnitt stark einzukürzen, was mir erlaubt direkt nach diesem 90° Winkel das Segment mit einem kurzen Sprint abzuschließen.
Die Zeitnahme zeigt final Platz 18 für diesen Split, was mich in der Gesamtzeit auf Platz 15 hebt.

 

Also wieder auf nach oben zu Stage 4, welche wenige Meter neben der vorherigen beginnt.
Weil bereits aus dem Training bekannt, fahre ich auch Stage 4 sauber und ohne größere Vorkommnisse auf Platz 18.

Einen elendig langen Uphill später befinde ich mich am Gipfel der Sackpfeife.
Entgegen der ursprünglichen Wetterprognose will die Sonne sich nicht zeigen, und auch der Wind trägt dazu bei, dass mir mittlerweile sehr kalt ist.
Doch was gibt es Besseres als ein kräftezehrendes Tretsegment, denke ich mir als ich auf mein Startsignal warte.

 

Aufgrund der hohen Luftfeuchte und dem zwar minimalen, aber konstanten Nieselregen ist meine Brille beschlagen. Meine Erfahrung sagt mir, dass diese normalerweise durch Körperwärme nach ein paar Sekunden wieder frei wird.
Als ich dann aus dem flachen Teil nach und nach in den anspruchsvolleren Abschnitt komme, realisiere ich, dass die Rechnung nicht aufgehen wird und ich wohl oder übel den Rest der Stage mit stark eingeschränkter Sicht nach Gefühl fahren muss.
Bestmöglich rolle ich also gen Tal, zwischendurch bringt sich eine markante Wurzel ein und entscheidet sich, mein Hinterrad einen ganzen Meter nach links zu versetzen, was ich gerade so noch ausbalancieren kann, bevor ich wenige Meter später eine bekannte Stimme höre.
Diese Stimme gehört zu Jannik Schlick von den Hochwälder Ballermännern, und das Einzige was ich in diesem Moment verstehe ist, dass es um Wurzeln geht und er einen positiven Tonus hat. Also lasse ich laufen.
Das mit dem Laufenlassen denkt sich kurze Zeit später dann auch mein Fahrrad, als ich meinen Bremshebel ohne Rückmeldung bis zum Lenker ziehe, und ich feststellen muss, dass sich scheinbar meine Hinterradbremse verabschiedet hat.
Darauf reagiere ich mit panischem Pumpen des Hebels.
Dank meiner verbleibenden Vorderradbremse kann ich meine Geschwindigkeit zumindest grob im Rahmen halten und verfehle eine Auffahrt nur leicht, sodass ich links ausklicken und mich fix wieder auf die Bahn hieven muss.
Nach gut 50 Metern spüre ich langsam meinen Druckpunkt wiederkommen, ich pumpe weiter, während ich über eine kleine Kuppe in das folgende Waldstück fliege.
Die mir noch aus dem Training bekannten Erdhaufen und engen Richtungswechseln um Bäume herum führen dazu, dass ich mit meiner XL-Baller-Bude ganz schön rangieren muss.
Glücklicherweise ist nun eher Leistung am Hinterrad als gutes Bremsen gefordert und so sprinte ich dem Ziel entgegen auf einen soliden 15. Platz.
Während ich versuche, wieder zu Atem zu kommen, beschließe ich mein Fahrrad in naher Zukunft mal wieder zu warten.
Man muss an dieser Stelle anmerken, dass mein Arbeitsgerät von mir rücksichtslos durch alle Disziplinen des Radfahrens geprügelt wird und dafür mit rund einem großen Service im Jahr wirklich sehr zuverlässig läuft.
Natürlich ersetze ich mal Verschleißteile wenn in der Saison etwas den Geist aufgibt, aber auch diese Reparaturen sind relativ selten.
In den Instagram Stories mag das zwar anders wirken, aber das liegt eher daran, dass ich mehr Stories poste wenn ich etwas zu reparieren habe. 

Spätestens als ich eine halbe Stunde später wieder oben beim Start von S6 ankomme bin ich von oben bis unten durchnässt.

Aufgrund des Brillendramas vom letzten Mal steht die Entscheidung fest die letzten beiden Abfahrten ohne Brille durchzuziehen. Tränende Augen wären in diesem Fall ein deutlich geringeres Handicap als eine beschlagene Brille.
Der Streckenposten beißt nochmal genüsslich in seinen Wurstsnack, bevor er mir viel Spaß wünscht und den Start freigibt.
Also wieder Vollgas, oder so ähnlich, denn die Stage startet mit einem langen, aber sehr moderaten Downhill.
Ich fokussiere mich auf meine Kurventechnik und fahre ausnahmsweise mal konstant saubere Linien während sich der Trail um die Bäume herumschlängelt mit vereinzelten kleinen Wurzelfeldern.
Als ich die große Kreuzung vor mir sehe, wird mir bewusst, dass es jetzt nochmal richtig anstrengend wird.
Alles an Schwung versuche ich mitzunehmen, indem ich in die Kurve pushe und die Hügel vor der Kreuzung gappe, um direkt im Anschluss die Sattelstütze auszufahren und solange zu treten wie das abflachende Gelände es zulässt.
Der obligatorische Zielsprint fällt mir diesmal tatsächlich fast schon leicht, da der Boden (zumindest gefühlt) deutlich weniger Leistung zieht als anderswo an diesem Tag.
Auch auf der Zeit macht sich das, wie auch der insgesamt saubere Lauf bemerkbar, denn mit 3:14,55 und damit dem 12. Platz wird diese meine beste Stage-Leistung an diesem Tag bleiben. 

Nach einer kurzen Schiebepassage befinde ich mich auch schon wieder an der finalen Stage 7, die ja schon im Prolog und Training gefahren wurde.

Der Starter gibt das Signal -und ich Gas-  aber nur für einen kurzen Moment, denn frühzeitig rechts rein ziehen ist hier die Devise um einen möglichst flachen Einfahrtswinkel in den staubigen Off-Camber-Teil zu haben.
Zeit für [Lachen-rund-um-den-Baum] (https://www.youtube.com/watch?v=ORo8087QVSs) ist später, deshalb versuche ich erst einmal, keinen der eng stehenden Bäume zu touchieren.
Beim Anfeuern am Vorabend ist mir aufgefallen, dass an den darauffolgenden feuchteren Stellen die insgesamt circa 600 Fahrer ein paar rutschige Wurzeln freigelegt hatten.
Mit dem Gedanken im Hinterkopf fahre ich trotzdem die deutlich angenehmere Inside über ein kleines aber bekanntes Wurzelfeld. Ich rutsche auf den neuen Wurzeln aber semi-kalkuliert nach außen und rette mich mit einem Bunny-Hop über den nächsten Baumstumpf wieder auf griffigeres Terrain.
Alles verläuft so weit nach Plan, immerhin fahre ich diese Stage ja mittlerweile auch zum vierten Mal. Da kann man auch mal erwarten dass die gleichen Fehler nicht zwei Mal gemacht werden.
Auch diesmal heize ich wieder mit möglichst wenig Bodenkontakt über das lange Wurzelfeld an der Fan-Meile, mit dem Unterschied, diesmal ein Müh früher zu bremsen um die Fauxpas aus dem gestrigen Prolog nicht zu wiederholen.
„Damit wären die kritischsten Stellen abgehakt“, denke ich mir als ich auch die Senke durch den Weg hinter mir lasse und all-in Richtung Event-Area trete.
Jetzt nur noch die tiefste Rinne der folgenden rutschig nassen Stelle anvisieren und schon sehe ich die erste Wiesenkurve vor mir.
Im Training wäre ich schon einmal fast weggeschmiert also bremse ich vorher leicht und pushe nicht.
Weiter sprinten, nach dem ersten kleinen Gap über die Straße und ab in den Speed-Tuck, ein Pre-Jump vor dem kleinen Kicker reicht, um den Absprung gar nicht erst zu berühren.
Was ich hier an Schwung mitnehme, muss ich im flachen Gegenanstieg nicht selber generieren.
Und Endspurt! Ich fahre den Sattel aus und versuch meine müden Oberschenkel davon zu überzeugen, dass es die letzten Meter sind.
Jetzt noch mit den Reserven durch den letzten Wald zirkeln und dann kommt auch schon der kleine Ziel-Drop mit der Zeitnahme.
Done.

Ich rolle im Schneckentempo weiter zum Auslesen des Transponders, den ausgedruckten Bon stecke ich, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, in meine Hosentasche.

Zuerst mal zum Getränkeverkauf, um meinen mittlerweile viel zu niedrigen Blutzucker mit einem halben Liter Cola gen Mond zu schießen, und schließlich beim Duschen wieder aufzutauen.
Auch wenn die Abfahrt deutlich fehlerfreier von statten ging als mein Prolog, war ich trotzdem mehr als vier Sekunden langsamer als zuvor, was ich jedoch eher der Erschöpfung als der ausgefahrenen Strecke zuschreiben würde.

Meine Gesamtzeit reicht für einen zufrieden stellenden 15. Platz.
Insgesamt bin ich nach eigener Einschätzung sehr konstant gefahren, alle Stages lagen zwischen 7,7% und 11% Zeitunterschied zum schnellsten Fahrer (wenn man die Gesamtzeit betrachtet, sogar noch konstanter).
Ich merke zwar, dass mir für bessere Ergebnisse derzeit definitiv mehr Leistung in den Beinen fehlt.
Des Weiteren wäre es mit Sicherheit vorteilhaft gewesen einen frischen Hinterreifen mit mehr Profil und weniger Zahnverlust zu fahren, auch wenn das einen deutlich geringeren Einfluss auf die Zeiten hat – meines Erachtens nach.
Nächste Saison, soweit zumindest der Plan, geht es also mit besserem Material und mehr Leistung weiter.